Ein Musiker aus North Carolina steht im Mittelpunkt eines spektakulären Betrugsfalls, bei dem künstliche Intelligenz (KI) und automatisierte Bots eingesetzt wurden, um Millionen von Dollar an Streaming-Tantiemen unrechtmäßig zu erlangen.
Michael Smith, 52, wird beschuldigt, mithilfe von KI-generierten Songs und Bot-Accounts die Abspielzahlen auf Streaming-Diensten wie Spotify, Apple Music und YouTube Music künstlich zu erhöhen. Dieser Fall gilt als das erste bekannte Beispiel für betrügerische Streaming-Manipulation im großen Stil, bei dem KI eine zentrale Rolle spielt.
Ein Betrug, der das Musikgeschäft erschüttert
Zwischen 2017 und 2024 soll Smith mit Unterstützung von Komplizen und einer Musikfirma, die sich auf KI-generierte Musik spezialisiert hat, über 10 Millionen US-Dollar an illegalen Tantiemen ergaunert haben, heisst es in der Presseerklärung der Staatsanwaltschaft. Dies geht aus der Anklage hervor, die vom US-Bezirksgericht im Süden von New York veröffentlicht wurde.
Smith verwendete dabei speziell entwickelte KI-Algorithmen, um Hunderttausende von Liedern zu erstellen, die er dann über Bots millionenfach streamen ließ. Das Ziel war klar: So viele Streams wie möglich zu generieren, ohne dass die Plattformen auf die betrügerischen Aktivitäten aufmerksam wurden.
„Michael Smith spielte auf perfide Weise mit der Integrität der Musikindustrie“, sagte Christie M. Curtis, stellvertretende Direktorin des FBI. Die Anklage beschreibt den Betrug als besonders raffiniert, da Smith darauf achtete, die Anti-Betrug-Mechanismen der Plattformen zu umgehen, indem er die Streams auf viele verschiedene Lieder verteilte.
Der Weg zum Streaming-Millionär
Der Plan von Smith war darauf ausgerichtet, von der Tatsache zu profitieren, dass Streaming-Dienste den Rechteinhabern von Songs bei jedem abgespielten Titel kleine Tantiemen auszahlen. Diese Summen mögen pro Stream gering sein, aber bei genügend Abspielungen können sie sich zu beträchtlichen Beträgen summieren. Smith war sich dessen bewusst und soll in einem internen E-Mail-Verkehr mit seinen Mitverschwörern die Strategie diskutiert haben, wie man durch das Hochladen „einer riesigen Menge an Songs“ die Anti-Betrugssysteme der Plattformen überwinden könnte.
Laut der Anklageschrift errechnete Smith, dass seine Bots etwa 661.440 Streams pro Tag erzeugen könnten, was bei einer geschätzten Vergütung von einem halben Cent pro Stream einen täglichen Gewinn von rund 3.300 US-Dollar bedeutete. Hochgerechnet auf ein Jahr hätte dies über eine Million US-Dollar an Tantiemen eingebracht. „Wir müssen viele Songs schnell bekommen, damit das Ganze funktioniert“, schrieb Smith in einer E-Mail an zwei seiner Komplizen.
Künstliche Intelligenz als Schlüssel zum Betrug
Smiths ursprünglicher Katalog bestand aus herkömmlichen Musikstücken, doch bald wurde ihm klar, dass er viel mehr Material benötigte, um den Betrug in großem Stil durchzuführen. Er wandte sich an eine KI-Musikfirma, deren CEO ihm half, Tausende von Songs pro Woche zu generieren. Diese Lieder wurden mit zufällig erzeugten Titeln wie „Zygotic Lanie“ und „Zygotic Washstands“ versehen, um sie wie echte Musikstücke wirken zu lassen.
Eine entscheidende Rolle in Smiths Betrug spielte die Verwendung von Bots, die auf mehreren Plattformen über VPNs auf seine Musik zugriffen und so den Anschein erweckten, als handele es sich um echte Streams von verschiedenen Nutzern. Indem er diese Methode auf Tausende von Songs anwendete, war es Smith möglich, den Verdacht auf einzelne übermäßig oft abgespielte Titel zu vermeiden.
Neben dem CEO der KI-Musikfirma soll auch ein Musikpromoter in den Betrug verwickelt gewesen sein. Dieser half Smith, die KI-generierten Titel in den relevanten Katalogen zu platzieren und so das Streaming der gefälschten Songs weiter zu fördern.
Die juristische Dimension des Falls
Smith wird unter anderem wegen Verschwörung zum Betrug, Drahtbetrugs und Geldwäsche angeklagt. Jede dieser Anklagen kann eine Höchststrafe von bis zu 20 Jahren Haft nach sich ziehen. Der Fall wird von der Abteilung für komplexe Betrugs- und Cyberkriminalität des US-Bezirksgerichts für den südlichen Distrikt von New York bearbeitet.
Die Bedeutung des Falls für die Musikindustrie ist enorm. Er zeigt auf, wie neue Technologien, insbesondere künstliche Intelligenz, missbraucht werden können, um die ohnehin schwierigen Bedingungen im digitalen Musikmarkt weiter zu untergraben. Rechteinhaber wie Musiker, Songwriter und Verlage, die auf legitime Weise versuchen, ihre Werke zu monetarisieren, sind von solchen Betrügereien direkt betroffen.
Die Musikbranche hat in den letzten Jahren zunehmend auf KI-Tools zurückgegriffen, um kreative Prozesse zu unterstützen. Doch dieser Fall zeigt, wie solche Technologien auch genutzt werden können, um große Summen auf betrügerische Weise zu erlangen. Damian Williams, der US-Staatsanwalt für den südlichen Bezirk von New York, betonte in einer Stellungnahme: „Smith hat Millionen an Tantiemen gestohlen, die eigentlich an die Musiker und Songwriter hätten gehen sollen, deren Werke tatsächlich gestreamt wurden.“
Wissenswerte Daten zum Fall
Faktor | Details |
---|---|
Angeklagter | Michael Smith, 52 Jahre, Musiker aus North Carolina |
Zeitraum des Betrugs | 2017 bis 2024 |
Erzielte Einnahmen | Über 10 Millionen US-Dollar an illegalen Tantiemen |
Anzahl der generierten Songs | Hunderttausende von KI-generierten Songs |
Maximale Strafen | 20 Jahre Gefängnis pro Anklagepunkt (Drahtbetrug, Verschwörung, Geldwäsche) |
Smiths Fall verdeutlicht, wie fragil die Monetarisierung in der Musikindustrie im Zeitalter des Streamings geworden ist. Während viele unabhängige Musiker Schwierigkeiten haben, von den kleinen Ausschüttungen der Streaming-Plattformen zu leben, können einige wenige Betrüger enorme Summen abschöpfen, indem sie Schwachstellen im System ausnutzen.
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Der Ausgang des Verfahrens gegen Smith wird mit Spannung erwartet, da er möglicherweise neue Standards im Umgang mit künstlicher Intelligenz und deren Einsatz in der Musikindustrie setzen könnte. Die Musikbranche sieht sich bereits mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, und dieser Fall zeigt, dass der Kampf gegen Betrug und Missbrauch an der digitalen Frontlinie geführt werden muss.