Die Verleihung des Friedensnobelpreises an die japanische Organisation Nihon Hidankyo hat in Hiroshima eine Welle der Hoffnung und einen erneuerten Sinn für Verantwortung ausgelöst. Fast 80 Jahre nach dem verheerenden Atombombenabwurf auf die Stadt erinnert die Auszeichnung an die unermüdlichen Bemühungen der Überlebenden, die Menschheit vor der nuklearen Zerstörung zu warnen.
Der Preis steht nicht nur als Anerkennung für vergangene Arbeit, sondern auch als Mahnung für die zukünftigen Generationen, sich für die nukleare Abrüstung einzusetzen.
Das Vermächtnis der Hibakusha
Teruko Yahata, eine der Überlebenden der Atombombenexplosion in Hiroshima, spürt noch heute die Folgen des Angriffs, der ihr damals als Kind eine Narbe auf der Stirn hinterließ. Sie war erst acht Jahre alt, als die Bombe ihre Heimatstadt verwüstete. „Es fühlte sich an, als ob plötzlich ein Licht durchbrach“, beschrieb die 87-Jährige ihre Reaktion auf die Verleihung des Friedensnobelpreises an Nihon Hidankyo, eine Organisation, die sich seit Jahrzehnten für die nukleare Abrüstung einsetzt. Für Yahata ist der Preis nicht nur eine Anerkennung der vergangenen Arbeit, sondern der Beginn eines neuen Abschnitts im Kampf gegen Atomwaffen.
Die Überlebenden, die in Japan als Hibakusha bekannt sind, haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Schrecken der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki lebendig zu halten. Viele von ihnen sind mittlerweile über 80 Jahre alt und ihre Zahl schrumpft mit jedem Jahr. Der Friedensnobelpreis bringt ihnen eine neue Plattform, um ihre Botschaft an die Welt zu richten, insbesondere an die jüngere Generation.
Eine neue Verantwortung für Nihon Hidankyo
Nihon Hidankyo, eine 1956 gegründete Organisation, hat über Jahrzehnte hinweg Zeugnisse von Überlebenden gesammelt, Resolutionen verfasst und auf internationaler Ebene für ein Verbot von Atomwaffen gekämpft.
Die Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis ist jedoch nicht nur eine Anerkennung ihrer bisherigen Arbeit, sondern stellt die Organisation vor neue Herausforderungen. Toshiyuki Mimaki, Co-Vorsitzender von Nihon Hidankyo, betonte, dass die Auszeichnung mit einer großen Verantwortung einhergeht: „Ich fühle mich jetzt noch stärker in der Pflicht, unsere Arbeit fortzusetzen.“
In den ländlichen Regionen Japans steht die Organisation jedoch vor dem Zerfall. Die meisten Mitglieder sind inzwischen über 85 Jahre alt, und in vielen Teilen des Landes gibt es nur noch wenige aktive Mitglieder. Die Frage, wie die Arbeit von Nihon Hidankyo in Zukunft weitergeführt werden kann, bleibt drängend.
Ein globaler Appell für den Frieden
Die Verleihung des Friedensnobelpreises erfolgt in einer Zeit, in der die internationale Besorgnis über die Bedrohung durch Atomwaffen wieder zunimmt. Mit dem fortschreitenden Atomprogramm Nordkoreas und der zunehmenden Rhetorik über den Einsatz von Atomwaffen, insbesondere aus Russland, rückt die Notwendigkeit, das weltweite „Tabu“ gegen Atomwaffen zu bewahren, wieder in den Vordergrund.
Joergen Watne Frydnes, Vorsitzender des norwegischen Nobelkomitees, betonte bei der Bekanntgabe der Auszeichnung, dass die Zeugnisse der Überlebenden eine einzigartige Rolle dabei gespielt haben, weltweit eine breite Ablehnung von Atomwaffen zu schaffen. „Diese Zeugnisse erinnern uns daran, dass Atomwaffen niemals wieder eingesetzt werden dürfen“, sagte er.
Für die Überlebenden ist der Friedensnobelpreis eine Bestätigung ihrer jahrzehntelangen Bemühungen. „Ich hätte nie gedacht, dass das passieren könnte“, sagte Toshiyuki Mimaki, der in Tränen ausbrach, als er von der Auszeichnung erfuhr. „Es ist eine große Kraft, die Welt daran zu erinnern, dass die Abschaffung von Atomwaffen und dauerhafter Frieden erreicht werden können.“
Die Mahnung an zukünftige Generationen
Mit einem Durchschnittsalter von 85 Jahren stehen die Hibakusha vor der Herausforderung, ihre Erfahrungen und Botschaften an die jüngeren Generationen weiterzugeben. „Es ist entscheidend, dass junge Menschen weiterhin über das Geschehene unterrichtet werden“, sagte Kiyoharu Bajo, ein 69-jähriger Besucher des Hiroshima Peace Memorials.
Die Überlebenden wissen, dass ihre Zeit begrenzt ist, aber ihre Botschaft bleibt klar: Atomwaffen müssen für immer abgeschafft werden. „Wir wissen um den Schrecken von Atomwaffen, weil wir wissen, was in Hiroshima passiert ist“, sagte der 84-jährige Susumu Ogawa, dessen Familie größtenteils durch die Bombe ums Leben kam, als er 4 Jahre alt war.
Die Geschichten der Überlebenden haben sich tief in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingeprägt. Auf der Brücke zum Hiroshima Peace Memorial Park, wo die Bombe explodierte, hingen gelbe Stoffbahnen und selbstgemachte Schilder, die zur nuklearen Abrüstung aufriefen. Aktivisten sammelten Unterschriften für ein vollständiges Verbot von Atomwaffen.
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Shigemitsu Tanaka, ein weiteres überlebendes Mitglied und Co-Vorsitzender von Nihon Hidankyo, hatte die Hoffnung auf den Friedensnobelpreis fast aufgegeben. Doch als er die Nachricht schließlich in einem Flugzeug sah, konnte er seine Freude nicht zurückhalten. „Ich habe ‚Ja!‘ gerufen, als die Worte ‚Hidankyo hat gewonnen‘ auf dem Bildschirm erschienen“, erinnerte er sich.
Daten zu dem US-amerikanischen Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki
Fakten | Details |
---|---|
Datum des Angriffs auf Hiroshima | 6. August 1945 |
Opferzahl in Hiroshima | Rund 140.000 Tote |
Temperatur der Explosion | 7.000 Grad Celsius |
Datum des Angriffs auf Nagasaki | 9. August 1945 |
Opferzahl in Nagasaki | Rund 74.000 Tote |
Gründung von Nihon Hidankyo | 1956 |
Anzahl lebender Hibakusha (2024) | Rund 105.000 |
Durchschnittsalter der Hibakusha | 85 Jahre |
Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Nihon Hidankyo bietet nicht nur den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki eine neue Stimme, sondern ruft auch die globale Gemeinschaft dazu auf, den Kampf gegen Atomwaffen zu verstärken. Während die Zeit der Hibakusha abläuft, bleibt ihre Botschaft von Frieden und nuklearer Abrüstung als Erbe für die kommenden Generationen bestehen.
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert: 31. Oktober 2024