Biertrinker wird von Mücken angegriffen.

Bier, Körpergeruch und Mücken: Wie Genussverhalten uns zur Zielscheibe macht

Ein Bier am Abend kann entspannen – und offenbar auch ungebetene Gäste anlocken. Eine neue Studie aus den Niederlanden zeigt, dass Biertrinker für Stechmücken besonders attraktiv sind. Der Effekt ist signifikant: Wer in den letzten 12 Stunden Alkohol konsumiert hat, wird laut den Forschern 35 Prozent häufiger angesteuert. Doch Alkohol ist nicht der einzige Faktor. Auch Hygiene, Sonnencreme und soziale Aktivitäten beeinflussen, ob Mücken bei einem zustechen – oder auch nicht.

Ein überraschendes Festival-Experiment

Ein Team von Wissenschaftlern der Radboud-Universität Nijmegen führte 2023 für eine aktuell veröffentlichte Studie auf dem niederländischen Musikfestival „Lowlands“ ein ungewöhnliches Experiment durch. In einem eigens eingerichteten Labor aus Schiffscontainern untersuchten sie, wie verschiedene Verhaltensweisen und körperliche Eigenschaften die Attraktivität für Mücken beeinflussen.

465 Festivalbesucher nahmen freiwillig teil. Sie beantworteten Fragen zu ihrem Verhalten, ließen ihren Atemalkohol messen und hielten dann einen Arm an eine transparente Kammerwand. In dieser befanden sich 20 bis 35 weibliche Anopheles-stephensi-Mücken – eine Art, die außerhalb Europas als Überträger von Malaria bekannt ist. Ziel war es, herauszufinden, wie stark sich die Insekten von unterschiedlichen Menschen angezogen fühlen.

Neben dem praktischen Test wurden Hautabstriche genommen, um die Zusammensetzung des Hautmikrobioms zu analysieren – also jener Bakterien, die auf der menschlichen Haut leben und Gerüche produzieren, die möglicherweise Mücken anlocken.

Welche Gewohnheiten ziehen Mücken wirklich an?

Die Ergebnisse waren deutlich: Personen, die innerhalb der letzten 12 Stunden Bier getrunken hatten, wurden signifikant häufiger von den Mücken aufgesucht – im Schnitt 1,35-mal häufiger als abstinente Teilnehmer.

Doch auch andere Faktoren spielten eine Rolle. So war das Risiko für Mückenstiche höher bei Personen, die die Nacht zuvor mit einer anderen Person im Zelt verbracht hatten. Offenbar machen sich soziale Interaktionen auf unerwartete Weise bemerkbar. Wer hingegen am Morgen geduscht hatte und Sonnencreme benutzte, wurde deutlich seltener von Mücken angesteuert – in manchen Fällen halbierte sich die Anziehungskraft.

Interessant ist auch die Rolle der Hautbakterien. Besonders Personen mit einem hohen Anteil an Streptokokken oder anderen geruchsbildenden Bakterien auf der Haut waren besonders attraktiv für die Insekten.

Parfüm hatte hingegen keinen messbaren Effekt. Dies könnte an der Vielzahl anderer Gerüche auf dem Festivalgelände liegen, die den Duft überlagerten.

Warum Bier und nicht etwa Wein? Mögliche Mechanismen

Die erhöhte Mückenanziehung bei Bierkonsum hängt offenbar nicht direkt mit dem Alkoholgehalt im Blut zusammen. Zwischen der Blutalkoholkonzentration und der Zahl der Mückenlandungen konnte kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden.

Vielmehr scheint Bier indirekt über physiologische Effekte zu wirken. Alkohol erweitert die Blutgefäße in der Haut, was zu einer stärkeren Wärmeabstrahlung führen kann – ein Reiz, den Mücken nutzen, um Wirte zu lokalisieren. Auch die CO₂-Ausatmung spielt eine Rolle: Wer Alkohol trinkt, atmet eventuell intensiver oder verändert die Zusammensetzung der ausgeatmeten Luft.

Ein weiterer Verdacht: Der Bierkonsum beeinflusst das Mikrobiom der Haut und verändert damit den individuellen Körpergeruch – ein wichtiges Kriterium für viele Mückenarten. Dass Wein keine ähnliche Wirkung zeigte, lässt vermuten, dass bestimmte Bestandteile des Bieres oder dessen Auswirkungen auf den Körper für die erhöhte Anziehungskraft verantwortlich sind.

Grenzen der Studie und offene Fragen

Die Untersuchung auf einem Musikfestival bietet zwar praxisnahe Bedingungen, ist aber nicht frei von methodischen Herausforderungen. So könnten Gerüche im Container, Vorbeifahrende oder die Tatsache, dass nicht gebissen werden konnte, das Verhalten der Mücken beeinflusst haben.

Auch die Teilnehmerauswahl ist nicht repräsentativ. Die Ergebnisse gelten vorrangig für gesunde Erwachsene in einem westlichen Setting und lassen sich nicht ohne Weiteres auf andere Altersgruppen oder Regionen übertragen. Trotzdem bietet die Studie wichtige Hinweise, welche Faktoren bei der Mückenpräferenz eine Rolle spielen.

Blutgruppe, oft als entscheidender Faktor vermutet, zeigte im Experiment übrigens keinen Einfluss.

Ein Festival als Versuchslabor

Das Experiment mit 465 Freiwilligen fand 2023 auf dem niederländischen Musikfestival „Lowlands“ statt. Es war das erste Mal, dass ein groß angelegter Mückentest unter realen Festivalbedingungen durchgeführt wurde – mit wissenschaftlicher Beobachtung und standardisierten Testbedingungen.

Tipps, um weniger attraktiv für Mücken zu sein

Die Studienautoren geben pragmatische Ratschläge, wie man das Risiko von Mückenstichen senken kann – insbesondere bei Outdoor-Aktivitäten wie Festivals oder Camping:

Alkohol, insbesondere Bier, in Maßen konsumieren oder vermeiden

  • Regelmäßiges Duschen, insbesondere am Morgen
  • Verwendung von Sonnencreme – nicht nur als UV-Schutz, sondern auch als möglicher Mückenschutz
  • Übernachtungen mit mehreren Personen möglichst vermeiden, wenn viele Mücken unterwegs sind
  • Kleidung tragen, die den Körper weitgehend bedeckt

Auch wenn viele dieser Hinweise nicht neu sind, bestätigt die Studie, dass einfache Maßnahmen wie Hygiene und Hautpflege durchaus effektiv sein können.

Weitere wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Welt der Insekten und Spinnentiere bietet die Studie zum Spielverhalten bei Hummeln, die zeigt, dass auch Insekten komplexe Verhaltensmuster aufweisen können. Ebenfalls lesenswert ist der Beitrag über die Auswirkungen künstlichen Lichts auf Spinnen, der neue Einblicke in die Anpassungsfähigkeit nachtaktiver Arten liefert.

Quellen:

https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2025.08.21.671470v1

https://phys.org/news/2025-09-beer-drinkers-mosquito-magnets-festival.html

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