Die Evolution der Kartoffel erhält ein neues Kapitel: Forscher haben herausgefunden, dass die Knolle aus einer uralten Kreuzung mit einem wilden Tomaten‑Verwandten hervorging. Vor rund neun Millionen Jahren verschmolzen zwei Pflanzenarten – eine Ur‑Tomate und die bislang wenig beachtete Gattung Etuberosum.
Diese Hybridisierung löste eine genetische Neuordnung aus, die zur Entstehung der Kartoffel führte. Die Entdeckung erklärt, wie ein gemeinsamer Vorfahre zweier uns vertrauter Pflanzenarten – Tomate und Kartoffel – durch Zufall und Anpassung zu einem der weltweit wichtigsten Grundnahrungsmittel wurde.
Die Schlüsselrolle bei der Evolution der Kartoffel spielen zwei Gene: SP6A, das von der Tomatenlinie stammt und für die Umstellung der Pflanzenentwicklung auf Knollenwachstum entscheidend ist, sowie IT1, das in der Etuberosum‑Linie nachgewiesen wurde. Wie die Studie im Fachmagazin CELL berichtet, verschmolzen Arten bei einer natürlichen Hybridisierung.
Die Wissenschaftler sehen in dieser Kreuzung den evolutionären Startpunkt der Kartoffelpflanze, da erst das Zusammenwirken dieser beiden Gene zur Ausbildung von essbaren Knollen führte. Die Entstehung eines neuen pflanzlichen Organs durch Hybridisierung gilt als äußerst selten und zeigt, wie komplexe Anpassungen durch Zufall und Selektion begünstigt werden können.
Genom‑Analysen: Umfangreichstes Datenset wildes Solanum
Für ihre Analyse sequenzierten die Forscher das Genom von 450 kultivierten Kartoffelsorten sowie von 56 Wildarten der Gattung Solanum. Diese umfassende Datenbasis ermöglichte es, die genetische Herkunft der heutigen Kartoffel präzise nachzuverfolgen. Das überraschende Ergebnis: Alle untersuchten Sorten lassen sich auf eine einzige Hybridisierungslinie zurückführen.
Damit steht fest, dass die Evolution der Kartoffel aus einer einmaligen genetischen Fusion zweier Wildpflanzen hervorging. Demnach widerlegen die aktuellen Funde ältere Theorien, wonach Knollenbildung durch unabhängige Mutationen in verschiedenen Linien entstanden sei.
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Verbreitung, Domestikation und Potenzial für künftige Züchtung
Die entstandene Knollenpflanze entwickelte sich zu einer widerstandsfähigen Art, die in den Höhenlagen der Anden ideale Lebensbedingungen fand. Durch gezielte Selektion förderten indigene Völker die Vielfalt der Knollenformen und Geschmacksrichtungen. Ab dem 16. Jahrhundert gelangte die Kartoffel durch spanische Eroberer nach Europa und wurde rasch zu einem Grundnahrungsmittel.
Die neuen genetischen Erkenntnisse könnten künftig auch in der Pflanzenzucht Anwendung finden. Forscher testen derzeit, ob sich das IT1-Gen in Tomaten aktivieren lässt, um Tomatenpflanzen zur Knollenbildung anzuregen. Gleichzeitig wird untersucht, ob Kartoffeln effizient aus Samen gezogen werden können, anstatt wie bisher aus Knollenstücken.

Tom ist der Hauptautor von beachtenswert.info und freut sich immer über Feedback. Mit journalistischer Erfahrung seit 2012, als Buchautor aktiv und mit großer Passion für das Weltenbummeln (mit Betonung auf Bummeln.)