Meeresschildkröten sind für ihre beeindruckenden Wanderungen über Ozeane bekannt. Eine neue Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature, zeigt nun, dass Unechte Karettschildkröten (Caretta caretta) nicht nur das Magnetfeld der Erde zur Orientierung nutzen, sondern auch lernen, bestimmte Magnetfelder mit Futterquellen zu verknüpfen. Dabei zeigen sie ein auffälliges Verhalten, das Forscher als eine Art „Tanz“ beschreiben.
Magnetische Konditionierung beeinflusst das Verhalten
Wissenschaftler untersuchten junge Schildkröten in einer kontrollierten Umgebung, um zu testen, ob sie bestimmte Magnetfelder mit Futter assoziieren können. Die Tiere wurden verschiedenen Magnetfeldern ausgesetzt, von denen eines mit Futter belohnt wurde. Nach mehreren Wiederholungen zeigten die Schildkröten in diesem Feld ein auffälliges Verhalten, das als „Tanz“ beschrieben wird: Sie bewegten ihre Flossen schnell, hielten ihre Köpfe über die Wasseroberfläche und drehten sich teils im Kreis.
Auch Monate nach der ersten Konditionierung erinnerten sich die Schildkröten an das magnetische Signal und reagierten mit der gleichen Erwartungshaltung – selbst ohne Futter. Die Forscher schließen daraus, dass die Tiere Magnetfelder als Orientierungshilfe für wichtige Nahrungsgebiete nutzen können.
Zwei Magnetmechanismen für die Orientierung
Neben der Assoziation von Magnetfeldern mit Futterquellen stellte die Studie fest, dass Schildkröten zwei verschiedene magnetische Orientierungssysteme besitzen: eine magnetische Karte zur Positionsbestimmung und einen magnetischen Kompass zur Richtungsfindung.
Ein weiteres Experiment zeigte, dass Radiofrequenzwellen (RF-Wellen), wie sie von Mobiltelefonen oder Funksendern ausgestrahlt werden, die magnetische Orientierung der Tiere beeinflussen. Während ihre Positionsbestimmung intakt blieb, wurde der Kompass gestört, sodass sie in zufällige Richtungen schwammen.
Schutz der Schildkröten
Die Erkenntnisse könnten direkte Konsequenzen für den Schutz von Meeresschildkröten haben. Da RF-Wellen ihre Navigation beeinträchtigen, könnten Küstengebiete mit starker elektronischer Strahlung – etwa durch Schifffahrt oder Mobilfunkmasten – problematisch für wandernde Schildkröten sein.
Forschende empfehlen daher, den Einsatz von Hochfrequenztechnologie in sensiblen Habitaten zu minimieren, insbesondere in der Nähe von Niststränden. Schutzmaßnahmen könnten helfen, Störungen zu reduzieren und die Überlebenschancen der Schildkröten zu erhöhen.
Frühere Studien haben gezeigt, dass Meeresschildkröten das Erdmagnetfeld nicht nur zur Bestimmung ihrer Nord-Süd-Position nutzen, sondern auch ihre Ost-West-Position anhand von Variationen in der Feldstärke und der Neigung der Magnetfeldlinien bestimmen können. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Position im offenen Meer präzise zu ermitteln.
Fakten zur Studie
Aspekt | Details |
---|---|
Tierart | Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) |
Forschungszeitraum | 2017–2020 |
Untersuchte Tiere | 14–16 Jungtiere pro Jahr |
Standort der Studie | Bald Head Island, North Carolina |
Erkenntnis | Magnetfelder werden mit Futterquellen verknüpft |
Bedrohung | RF-Wellen können die Navigation stören |
Nicht nur Meeresschildkröten zeigen überraschende Anpassungen an ihre Umwelt – auch die Hunde von Tschernobyl haben in der radioaktiv belasteten Sperrzone einzigartige Überlebensstrategien entwickelt. Wie sich ihr Erbgut verändert hat, erfährst du in diesem Artikel: Die Hunde von Tschernobyl – Evolution in der Sperrzone.
Weiterführende Quellen
https://www.nature.com/articles/s41586-024-08554-y
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982207008196