Städte ohne Autos: Wie Metropolen den Verkehr neu denken

Stadt mit Auto verbot.

Immer mehr Städte weltweit setzen auf autofreie Konzepte, um Luftverschmutzung zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern. Während einige Metropolen gezielt Autoverkehr aus ihren Zentren verbannen, gehen andere einen radikaleren Weg und machen ganze Stadtviertel oder gar die gesamte Stadt autofrei. Doch wie erfolgreich sind diese Modelle, und welche Herausforderungen bringen sie mit sich?

Autofreie Städte: Ein wachsender Trend

Die Idee der autofreien Stadt ist nicht neu. Ein prominentes Beispiel ist Venedig in Italien, dessen Kanäle und engen Gassen den Autoverkehr unmöglich machen. Auch Fès el Bali in Marokko, die älteste und größte Fußgängerzone der Welt, ist seit jeher autofrei. Die 9.400 verwinkelten Straßen dieses UNESCO-Weltkulturerbes sind zu eng für Autos und werden von Fußgängern und manchmal von Eseln genutzt.

In jüngerer Zeit haben Städte bewusst Maßnahmen ergriffen, um den Autoverkehr zu reduzieren oder ganz zu verbannen. Oslo in Norwegen hat sein Stadtzentrum nahezu autofrei gestaltet. Gent in Belgien gehört zu den Vorreitern der autofreien Bewegung in Europa. Bereits 1996 beschloss die Stadt, ein 35 Hektar großes Fußgängerzentrum einzurichten, um von den Vorteilen des Autoverzichts für Umwelt, Wirtschaft und Lebensstil zu profitieren. Im Ergebnis ist das Zentrum von Gent seit 2017 nahezu autofrei.

Beispiele für autofreie Städte und Zonen

Weltweit gibt es zahlreiche Städte und Regionen, die entweder vollständig autofrei sind oder bedeutende autofreie Zonen eingerichtet haben. Die folgende Liste bietet einen Überblick über einige dieser Orte:

Stadt/OrtLandAutofrei seit
VenedigItalienSeit jeher
Fès el BaliMarokkoSeit jeher
La DigueSeychellenSeit jeher
LamuKeniaSeit jeher
HydraGriechenlandSeit jeher
GiethoornNiederlandeSeit jeher
YelapaMexikoSeit jeher
Oslo (Zentrum)Norwegen2015
Gent (Zentrum)Belgien2017
Barcelona (Superblocks)SpanienSchrittweise seit 2016
Wien (Mariahilfer Straße)Österreich2015
PontevedraSpanien1999
Kopenhagen (Strøget)Dänemark1962

Ausgewählte Beispiele

Europäische Vorreiter

Pontevedra, Spanien
Diese Stadt gilt als Pionier für autofreie Konzepte. Seit 1999 verfolgt Pontevedra einen konsequenten Ansatz zur Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt7. Die Maßnahmen haben zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität geführt.

Gent, Belgien
Gent hat seit 2017 ein 35 Hektar großes autofreies Zentrum eingerichtet. Die Veränderungen haben zu belebteren Straßen geführt, wo Menschen mehr Zeit im Freien verbringen und Kinder sicher spielen können.

Oslo, Norwegen
Die norwegische Hauptstadt hat seit 2015 im Rahmen der Initiative „autofreies Stadtleben“ alle Parkplätze im Zentrum abgeschafft. Dies führte zu einer drastischen Reduzierung der Autos und hatte positive Auswirkungen auf Sicherheit und Wirtschaft1.

Innovative Konzepte

Barcelona, Spanien
Die Stadt setzt auf das „Superblock“-Konzept, bei dem ganze Stadtviertel autofrei gestaltet werden. Der Verkehr wird um diese Blöcke herumgeleitet, während die Innenbereiche zu Begegnungsorten umgestaltet werden.

Houten, Niederlande
Diese Kleinstadt gilt seit über 20 Jahren als Modell für autofreie Stadtplanung. Durch eine großzügige Umfahrungsstraße wird der Autoverkehr aus dem Zentrum ferngehalten, während Radfahrer Vorrang haben.

Traditionell autofreie Orte

Venedig, Italien
Venedigs historisches Zentrum ist Europas größter durchgehend autofreier Bereich. Die Stadt, die auf 126 Inseln erbaut wurde, ist ein UNESCO-Weltkulturerbe und zieht jährlich etwa 20 Millionen Touristen an.

Zermatt, Schweiz
Am Fuße des Matterhorns gelegen, ist Zermatt seit jeher autofrei. Besucher müssen in Täsch, 5 km entfernt, auf einen Shuttlezug umsteigen. In der Stadt selbst bewegt man sich zu Fuß, mit Pferdekutschen, E-Taxis oder Fahrrädern fort.

Zukunftsvisionen

Masdar City, Vereinigte Arabische Emirate
Diese futuristische Öko-Stadt wurde von Grund auf als autofrei konzipiert. Stattdessen setzt man auf ein fußgängerfreundliches Design und ein autonomes Personentransportsystem für längere Strecken.

The Line, Saudi-Arabien
Ein ambitioniertes Projekt einer linearen Smart City, die ohne Autos, Straßen und CO2-Emissionen auskommen soll.

Die Vorteile autofreier Städte

Studien zeigen, dass Städte ohne Autos zahlreiche Vorteile haben:

  1. Verbesserte Luftqualität: Weniger Autos führen zu einer Reduzierung der Stickstoffdioxid-Belastung, was zu sauberer Luft und einer Steigerung der Gesundheit der Bewohner beiträgt.
  2. Weniger Lärm: Mit dem Rückgang des Autoverkehrs sinkt auch die Lärmbelastung, was zu einer ruhigeren und stressärmeren Umgebung führt.
  3. Mehr Platz für Grünflächen: Ohne parkende und fahrende Autos entsteht mehr Raum für Bäume, Parks und andere Grünflächen, die das Stadtbild verschönern und das Mikroklima verbessern.
  4. Förderung des lokalen Einzelhandels: Studien haben gezeigt, dass autofreie Zonen den lokalen Handel beleben können, da Fußgänger und Radfahrer eher in lokalen Geschäften einkaufen.

In Kopenhagen, wo Radfahren gefördert wird, sind die Lebenshaltungskosten gesunken, weil weniger Geld für Verkehrsinfrastruktur ausgegeben wird.

Die Bewegung hin zu autofreien Innenstädten gewinnt weltweit an Dynamik. Die positiven Effekte auf Umwelt, Lebensqualität und Wirtschaft sind überzeugend. Gleichzeitig erfordert die Umsetzung solcher Konzepte sorgfältige Planung, die Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten und die aktive Einbindung der Bevölkerung. Mit durchdachten Strategien können Städte jedoch den Übergang zu einer nachhaltigeren und lebenswerteren Zukunft gestalten.

Die Diskussion über autofreie Städte ist vielfältig und umfasst sowohl Befürworter als auch Kritiker. Während die Vorteile in Bezug auf Umwelt und Lebensqualität offensichtlich sind, gibt es auch Stimmen, die vor möglichen negativen Auswirkungen warnen. So wird beispielsweise argumentiert, dass die vollständige Verbannung von Autos aus Städten nicht immer praktikabel ist und zu anderen Problemen führen kann.

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