Schaufel auf einer Ausgrabungsstaette.

Nürnberg: Fund des größten Pestfriedhofs in Deutschland

Im Nürnberger Stadtteil St. Johannis wurde ein Pestfriedhof aus dem 17. Jh. entdeckt. Seit mehreren Monaten sind Archäologen damit beschäftigt, die Begräbnisstätte auszugraben, die als die größte ihrer Art in Deutschland gilt.

Dieser außergewöhnliche Fund wurde im Stadtteil St. Johannis gemacht, einem der ältesten Viertel Nürnbergs, das erstmals 1234 urkundlich erwähnt wurde und historisch mit einer Leprakrankenstation verbunden ist.

Auf dem 5.900 Quadratmeter großen Gelände sollen nach Abschluss der Grabungen ein Pflegeheim und Seniorenwohnungen entstehen. Die archäologische Untersuchung wird jedoch noch Jahre in Anspruch nehmen, da bereits über 2.000 Skelette freigelegt wurden und die Anzahl der Toten auf bis zu 3.000 geschätzt wird. Laut Stadtarchäologin Melanie Langbein handelt es sich um die Überreste von Pestopfern aus den Jahren 1632 und 1633.

Die Toten und ihre Lebensgewohnheiten

Die Funde in Nürnberg bieten Einblicke in das Leben und die Umstände der Menschen während der Pestwellen des 17. Jahrhunderts. Die Skelette stammen von Männern, Frauen und Kindern aller Altersgruppen. Die Ausgrabungen sind jedoch nicht ohne Herausforderungen. Einige Skelette sind durch Bombenschäden aus dem Zweiten Weltkrieg beschädigt, und die Toten liegen in vielen Schichten übereinander, was die Arbeit der Archäologen erschwert

Ein weiteres bemerkenswertes Merkmal der Grabungen sind die gut erhaltenen Kleidungsreste. Üblicherweise verrotten Textilien schnell, doch hier sind sie in erstaunlich gutem Zustand. Die Toten wurden nicht in Leichentüchern, sondern in ihrer alltäglichen Kleidung bestattet. Dies steht im Gegensatz zu den oft überlieferten Festtagsgewändern und bietet neue Perspektiven auf die Mode des 17. Jahrhunderts .

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Zähnen der Toten, da diese DNA des Pesterregers enthalten könnten. Zudem werden Darmparasiten und Insektenreste untersucht, um präzisere Todeszeitpunkte und hygienische Zustände zu erforschen.

Zukünftige Bauprojekte in St. Johannis

Das rund 5.900 Quadratmeter große Grundstück in St. Johannis, auf dem die Ausgrabungen stattfinden, soll für den Bau eines Pflegeheims und von Wohnungen für Senioren genutzt werden.

Dieser Stadtteil hat eine lange Geschichte, die bis ins 13. Jahrhundert dokumentiert ist. St. Johannis diente als Wohnviertel für wohlhabende Bürger und Patrizier und ist heute für seine restaurierten Gartenanlagen und historischen Gebäude wie das Haus Nr. 13 mit seinem Rokoko-Tor und die barocken Hesperidengärten bekannt.

St. Johannis – Stadtteil im historischen Kontext

  • Erstmalige Erwähnung: 1234
  • Historische Bedeutung: Ursprünglich ein Leprosorium (Standort für Leprakranke), ab dem 14. Jahrhundert Wohnviertel für wohlhabende Bürger
  • Johannisfriedhof: Angelegt 1518, Ruhestätte von Albrecht Dürer, Veit Stoß, und weiteren Persönlichkeiten
  • Hesperidengarten: Entstanden im 17. Jahrhundert, bekannt für seine Zitruspflanzen und barocke Gestaltung
  • Architektur: Zahlreiche barocke und renaissancezeitliche Bauten, darunter die Kirche St. Johannis (erbaut 1395)
  • Kulturelle Sehenswürdigkeiten: Johannisstraße mit historischen Fachwerkhäusern, Gartenanlagen, und die Kirche St. Johannis
  • Restaurierungen: Umfassende Restaurierungen im 20. Jahrhundert zur Erhaltung der historischen Substanz

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Die Auswertung der Funde in St. Johannis sind noch nicht abgeschlossen und werden sicherlich noch viele Jahre andauern. Sie bieten jedoch schon jetzt signifikante Einblicke in das Leben der Menschen in Nürnberg während einer der verheerendsten Pestwellen Europas.

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert: 3. Oktober 2024