Welche Eiweißquelle ist gesünder – pflanzlich oder tierisch? Eine neue Studie liefert nun eine differenzierte Antwort: Das hängt vom Alter ab. Forschende aus Australien und Großbritannien haben die Zusammensetzung der nationalen Ernährungssysteme von über 100 Ländern mit altersabhängigen Sterblichkeitsdaten verglichen. Das Ergebnis: Für Kinder sind tierische Eiweiße besonders wichtig. Im späteren Leben sinkt die Sterblichkeit, wenn der Proteinanteil aus pflanzlichen Quellen stammt. Pauschale Ernährungsempfehlungen könnten also gesundheitliche Risiken bergen – wenn sie Altersunterschiede ignorieren.
Die Ergebnisse basieren auf einer groß angelegten Studie, die im April 2025 im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht wurde. Forschende analysierten darin Daten aus 101 Ländern über fast sechs Jahrzehnte hinweg. Sie kombinierten Informationen zur nationalen Verfügbarkeit pflanzlicher und tierischer Proteine mit altersabhängigen Sterblichkeitsraten.
Tierisches Eiweiß verbessert Überlebenschancen von Kleinkindern
In Ländern, in denen mehr tierisches Eiweiß verfügbar ist, haben Kinder unter fünf Jahren bessere Überlebenschancen. Besonders deutlich ist der Effekt, wenn auch die Fettzufuhr gering ist. Tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Milch und Eier liefern nicht nur vollständige Aminosäuren, sondern auch wichtige Mikronährstoffe wie Eisen, Zink und Vitamin A – Stoffe, die in vielen pflanzlichen Lebensmitteln seltener oder schlechter verfügbar sind.
Die Forschenden betonen aber auch: In armen Ländern mit insgesamt wenig Nahrung hilft jede zusätzliche Eiweißzufuhr – egal ob pflanzlich oder tierisch. In solchen Regionen sei die reine Eiweißmenge entscheidend für das Überleben, nicht die Herkunft. Dennoch sei es wahrscheinlicher, dass tierische Eiweiße einen höheren ernährungsphysiologischen Nutzen haben – zumindest in der frühen Kindheit.
In höherem Alter schützt pflanzliches Eiweiß
Ganz anders ist der Zusammenhang bei Erwachsenen und älteren Menschen. Hier zeigen die Daten: Wer mehr pflanzliches Eiweiß isst – etwa aus Bohnen, Nüssen, Vollkornprodukten oder Soja –, hat bessere Überlebenschancen bis zum Alter von 60 Jahren. Auch die Lebenserwartung insgesamt ist in Ländern mit pflanzenbetonter Ernährung höher. Besonders positiv wirkt sich ein hoher Anteil pflanzlicher Proteine bei gleichzeitig geringer Fettzufuhr aus.
Die Forschenden sehen dafür mehrere Gründe. Pflanzliche Lebensmittel enthalten mehr Ballaststoffe und weniger gesättigte Fettsäuren. Außerdem zeigen viele Studien, dass vegetarische oder überwiegend pflanzliche Ernährungsweisen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einige Krebsarten senken. Die positive Wirkung zeigt sich laut Analyse auch dann, wenn die Gesamtkalorienmenge und der Anteil an Kohlenhydraten konstant bleibt.
Je nach Alter ist eine andere Eiweißquelle besser
Die Studie stützt sich auf Daten aus den Jahren 1961 bis 2018. Sie umfasst Angaben zur Nahrungsverfügbarkeit aus der FAO-Datenbank, wirtschaftliche Kennzahlen sowie Bevölkerungs- und Sterbestatistiken. Die Forschenden nutzten ein Modell, das die Wechselwirkungen zwischen Eiweiß-, Fett- und Kohlenhydratverfügbarkeit und altersabhängiger Sterblichkeit abbildet.
Die zentrale Erkenntnis: Die optimale Zusammensetzung der Ernährung hängt vom Alter ab. In der frühen Kindheit fördert tierisches Eiweiß das Überleben. In späteren Lebensphasen ist pflanzliches Eiweiß vorteilhafter. Fett scheint im Kindesalter eher nützlich, im höheren Alter jedoch nachteilig zu sein. Eine einheitliche Ernährungsempfehlung für alle Altersgruppen sei deshalb nicht zielführend.
Wirkung von Eiweißquellen auf verschiedene Altersgruppen
Lebensphase | Günstigere Eiweißquelle | Wirkung auf Überlebensrate |
---|---|---|
Frühe Kindheit (bis 5 Jahre) | Tierisches Eiweiß | Verbessert deutlich die Überlebenswahrscheinlichkeit, insbesondere bei geringer Fettzufuhr |
Erwachsenenalter (bis ca. 60 Jahre) | Pflanzliches Eiweiß | Senkt das Risiko altersbedingter Erkrankungen und steigert Lebenserwartung |
Hohes Alter (ab ca. 70 Jahre) | Pflanzliches Eiweiß | Vorteile bestehen weiter, Unterschiede zu tierischem Eiweiß werden aber geringer |
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Die Studienautoren fordern eine differenziertere Debatte über Ernährung und Nachhaltigkeit. Zwar sei der Umstieg auf pflanzenbasierte Ernährungssysteme ökologisch sinnvoll. Doch müsse bedacht werden, dass ein pauschaler Verzicht auf tierisches Eiweiß gerade in ärmeren Ländern Risiken für Kinder bedeuten könne. Auch innerhalb wohlhabender Gesellschaften sollten Ernährungsempfehlungen differenzieren: Was für einen 70-Jährigen gesund ist, muss nicht automatisch auch für ein Kleinkind gelten.