Gehirn Skizze.

Wie Archäologen mehr als 4.400 konservierte Gehirne entdeckten

Archäologen haben in den letzten Jahren eine erstaunliche Zahl an gut erhaltenen Menschengehirnen entdeckt – mehr als 4.400 Exemplare, einige sogar über 12.000 Jahre alt. Eine neue Studie zeigt, dass diese Funde deutlich häufiger sind, als bisher angenommen. Die Gründe für die außergewöhnliche Konservierung der Gehirne sind vielfältig und teilweise noch ungeklärt. Forscher hoffen, durch die Untersuchung der Gehirne neue Erkenntnisse über neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz zu gewinnen.

Gehirne als seltene Funde?

Normalerweise finden Archäologen bei Ausgrabungen vor allem Knochen und Zähne, da Weichgewebe wie Muskeln, Sehnen und Haut im Laufe der Zeit meist zerfallen. Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden jedoch menschliche Gehirne – diese haben sich in erstaunlich vielen Fällen erhalten. Laut einer neuen Studie, die im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht wurde, haben Forscher bislang mehr als 4.400 konservierte Menschengehirne katalogisiert.

Einige dieser Funde stammen sogar aus der Zeit vor über 12.000 Jahren. „Intakte Gehirne wurden bisher als sehr seltene Phänomene angesehen“, erklärt Studienautorin Alexandra Morton-Hayward von der Universität Oxford. „Aber unsere Recherchen zeigen, dass sie gar nicht so ungewöhnlich sind, wie bisher angenommen.“

Gehirne in verschiedensten Kontexten gefunden

Die gut erhaltenen Gehirne wurden an den unterschiedlichsten archäologischen Fundorten entdeckt – von Moorleichen über Inka-Opferplätze bis hin zu Massengräbern aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Oft waren die Gehirne sogar die einzigen erhaltenen Weichgewebe-Reste. „In manchen Fällen war nur das Gehirn übrig, die Haut, Muskeln und Organe waren komplett verschwunden“, berichtet Morton-Hayward. „Das Gehirn saß dann einfach wie ein kleines, schrumpeliges Ding im Schädel.“

Verschiedene Konservierungsmechanismen

Die Gründe für die erstaunliche Erhaltung der Gehirne sind vielfältig. Etwa 38 Prozent der Funde waren durch Austrocknung konserviert, 30 Prozent durch einen chemischen Prozess namens Verseifung. Weniger als 2 Prozent waren gefroren und unter 1 Prozent gegerbt.

Allerdings konnten die Forscher bei rund 30 Prozent der Gehirne keinen eindeutigen Konservierungsmechanismus ausmachen. „Dieser unbekannte Mechanismus ist völlig anders“, so Morton-Hayward. „Das Besondere daran ist, dass nur das Gehirn und die Knochen übrig sind – es gibt keine Haut, keine Muskeln, keine Eingeweide mehr.“

Auch interessant

Potenzial für neue Erkenntnisse

Die Tatsache, dass konservierte Gehirne offenbar deutlich häufiger vorkommen als bisher angenommen, könnte für die Forschung von großer Bedeutung sein. Bislang wurden weniger als 1 Prozent der gefundenen Gehirne eingehend untersucht. „Wenn es sich um einzigartige, kostbare Materialien handelt, will man sie natürlich nicht unnötig belasten oder analysieren“, erklärt Morton-Hayward. „

Aber jetzt, wo wir wissen, dass sie gar nicht so selten sind, könnte das die Forschung deutlich voranbringen. „Insbesondere hoffen die Wissenschaftler, durch die Untersuchung der Gehirne neue Erkenntnisse über neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz zu gewinnen. Dafür müssen sie aber zunächst die Mechanismen verstehen, die zu der erstaunlichen Konservierung führen.


Weitere Quellen:

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert: 1. September 2024