In der Stadt Quedlinburg, bekannt für ihre historische Altstadt und als UNESCO-Welterbestätte, sorgt eine archäologische Entdeckung für Aufsehen: In der Stiftskirche St. Servatii wurde der Standort eines Taufbeckens aus dem 10. Jahrhundert freigelegt, das zu den ottonischen Herrschern in Bezug gesetzt wird. Dieses Fundstück gilt als ältester Nachweis eines vierpassförmigen Taufbeckens nördlich der Alpen.
Eine architektonische Besonderheit
Die archäologische Entdeckung in der Stiftskirche St. Servatii, einer Schlüsselstätte der ottonischen Macht, umfasst ein etwa einen halben Meter tiefes und zwei Meter breites Taufbecken in Vierpassform, berichtet Mdr.de.
Die Vierpassform des Taufbeckens stellt eine architektonische Besonderheit dar, die charakteristisch für die Kunst und Architektur des Mittelalters ist. Diese Form, bestehend aus vier kreisförmigen Bögen, die sich in einem zentralen Punkt treffen, symbolisiert häufig die vier Evangelien oder die universelle Präsenz Christi.
Die besondere Struktur dieses Beckens, ergänzt durch die aufwendige Auskleidung mit Hochbrandgipsfragmenten eines vormaligen Fußbodens, unterstreicht die gesellschaftliche Bedeutung des Fundortes. Während das physische Becken nicht erhalten geblieben ist, liefern die archäologischen Befunde Einsichten in die rituellen Praktiken der Zeit.
Die Ottonen und ihre Zeit
Die ottonische Dynastie, benannt nach ihren Gründer Otto dem Großen, prägte das 10. und frühe 11. Jahrhundert in Deutschland und weit darüber hinaus. Die Entdeckung des Taufbeckens in Quedlinburg, einem Zentrum ottonischer Macht, ermöglicht neue Perspektiven auf das Leben und die Herrschaft dieser bedeutenden königlichen Linie.
Wer waren die Ottonen?
Die Ottonen waren eine Herrscherdynastie, die über das Heilige Römische Reich deutscher Nation vom 10. bis ins frühe 11. Jahrhundert herrschte. Ursprünglich aus dem Adelsgeschlecht der Liudolfinger stammend, legten sie mit Heinrich I., dem Vogeler, den Grundstein ihrer Macht. Sein Sohn Otto der Große festigte das Reich durch entscheidende militärische Siege und wurde 962 von Rom aus zum Kaiser gekrönt, wodurch das westliche Kaisertum begründet wurde. Die Ottonen prägten die europäische Geschichte durch die Stärkung der kirchlichen Strukturen und die Festigung der Zentralmacht.
Insbesondere die mögliche Taufe herausragender Persönlichkeiten des Geschlechts, wie Herzog Heinrich I. von Bayern, Mathilde, und Adelheid I., an diesem historischen Ort, verbindet das archäologische Erbe direkt mit den großen Figuren der europäischen Geschichte.
In der Stiftskirche St. Servatii in Quedlinburg ist der Standort eines Taufbeckens aus dem 10. Jahrhundert entdeckt worden https://t.co/ZqJ8n1oAeX via @katholisch_de @epdOst
— epd (@epd_news) March 12, 2024
Der Schutz des Erbes
Interessanterweise wird der Fundort des Taufbeckens nach Abschluss der Untersuchungen wieder bedeckt, eine Praxis, die den Schutz und die Erhaltung archäologischer Stätten sicherstellt. Diese Methode der „Reburial“ dient dem langfristigen Erhalt des Fundes und betont die Notwendigkeit, unser kulturelles Erbe für zukünftige Generationen zu bewahren.
UNESCO-Erbe in Quedlinburg
Das UNESCO-Welterbe in Quedlinburg umfasst die Stiftskirche, das Schloss und die Altstadt. Diese historische Stadt zeichnet sich durch über 1.300 gut erhaltene Fachwerkhäuser aus sechs Jahrhunderten aus, was sie zu einem außergewöhnlichen Beispiel einer mittelalterlichen europäischen Stadt macht. Die Welterbestätte spiegelt den Einfluss der sächsisch-ottonischen Herrscherdynastie auf die Entwicklung und Architektur der Stadt wider, mit der St. Servatius geweihten Stiftskirche als einem der wichtigsten kirchlichen Bauwerke des Mittelalters.
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