In der Ilsenhöhle bei Ranis in Thüringen wurden menschliche Knochenfragmente gefunden, die eine Präsenz von Homo sapiens in Europa um etwa 7.500 Jahre früher belegen, als bisher angenommen. Diese Knochen, datiert auf bis zu 47.500 Jahre vor unserer Zeit, widerlegen die bisherigen Annahmen zur Verbreitung des Homo Sapiens in Europa.
Die Funde bieten nicht nur neue Einblicke in die Migrationsbewegungen und das Überleben des modernen Menschen unter extremen klimatischen Bedingungen, sondern auch in dessen Verhältnis zu den Neandertalern.
Archäologische Funde in der Ilsenhöhle
Die Ilsenhöhle, einst ein Zufluchtsort für Homo sapiens, enthält Fossilien und Werkzeuge, die belegen, dass moderne Menschen viel früher als bisher angenommen in Europa präsent waren. Diese Entdeckungen, geleitet in einer Pressemitteilung von Experten des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, unterstreichen Ranis als einen wichtige Stätte für das Verständnis der menschlichen Geschichte in Europa.
Unter den Funden befinden sich fein gearbeitete, bifazielle Blattspitzen, die bisher den Neandertalern zugeschrieben wurden. Diese Artefakte, zusammen mit den Überresten verzehrter Tiere wie Rentiere, Wollnashörner und Pferde, zeugen von der technologischen Finesse und den anpassungsfähigen Ernährungsgewohnheiten der damaligen Homo sapiens.
Fakten zu den Funden in der Ilsenhöhle
- Ort: Ilsenhöhle, Ranis, Thüringen, Deutschland
- Datierung der Funde: Ca. 47.500 Jahre zurück
- Entdeckungen beinhalten: Werkzeuge und Artefakte des Homo sapiens, einschließlich fein gearbeiteter, bifazieller Blattspitzen
- Wissenschaftliche Bedeutung: Älteste bekannte Präsenz des Homo sapiens in Europa, Herausforderung bisheriger Annahmen über die Ankunft des modernen Menschen und das Verhältnis zu Neandertalern
- Forschungsleitung: Team unter der Leitung von Jean-Jacques Hublin, Shannon McPherron und Marcel Weiss vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie sowie Tim Schüler vom Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie
- Methoden: Multidisziplinäre Ansätze, einschließlich Archäologie, Paläoanthropologie, Genetik und Proteomik
Die Koexistenz mit Neandertalern
Die in Nature veröffentlichte Studie deutet darauf hin, dass der Homo Sapiens und der Neandertaler über mehrere Tausend Jahre nebeneinander koexistierten. Die Entdeckung, dass beide Arten ähnliche Werkzeuge nutzten, legt nahe, dass der Homo sapiens möglicherweise Techniken von den Neandertalern übernahm oder dass beide Gruppen ihre Fähigkeiten durch Beobachtung oder direkten Austausch teilten. Dies deutet auf eine Art von kultureller Interaktion hin, die weit über das bisher angenommene Maß hinausgeht.
Zudem legen genetische Analysen nahe, dass es zwischen Homo sapiens und Neandertalern zu Vermischungen kam, was in den Genomen der heutigen Europäer nachweisbar ist. Diese Vermischungen könnten in Zeiträumen stattgefunden haben, in denen beide Arten geografisch co-existierten, was die Komplexität ihrer Beziehung unterstreicht.
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Anpassung an das Klima
Die Anpassung des Homo sapiens an das raue Klima Europas wird durch die Analyse von Werkzeugen und Jagdtechniken weiter beleuchtet. Die Fähigkeit, effektive Kleidung aus Tierhäuten herzustellen, sowie die Entwicklung von Jagdstrategien, die es ermöglichten, auch bei extrem kalten Temperaturen Nahrung zu sichern, waren entscheidend für das Überleben.
Die Nutzung von Feuer zur Wärmeerzeugung und zum Kochen trug ebenfalls zur Anpassungsfähigkeit bei. Darüber hinaus weisen stabile Isotopenanalysen darauf hin, dass der Homo sapiens eine Diät verfolgte, die reich an proteinreichen Ressourcen war, was eine Anpassung an die kargen Umweltbedingungen darstellt. Die Fähigkeit, sich sozial zu organisieren und Informationen zu teilen, spielte eine wesentliche Rolle bei der Anpassung an die sich verändernden Klimabedingungen und bei der Erschließung neuer Lebensräume in Europa.
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert: 1. September 2024